Das Jahr 2020 steht für Veränderungen, für eine unsichere Wirtschaftslage und eine notwendige Neuorientierung. Nicht nur unser Alltag wurde in den vergangenen Monaten stark beeinträchtigt, sondern auch die Art, wie sich Unternehmen künftig ausrichten, hat sich verändert.
Brands waren darauf angewiesen, schnell digitale Angebote zu entwickeln, die beispielsweise in Form von Live-Streams abgesagte Tagungen oder Panel-Talks ausgleichen sollten. Digitale Messestände und Showrooms waren schon vorher gefragt, galten aber lange Zeit eher als “nice-to-have” und waren nicht zwingend notwendig – bis zum Frühjahr 2020.
Die Krise führte zu einem verstärkten Voranschreiten der digitalen Transformation in den Bereichen Marketing und Sales. Vor allem Marketer mussten jetzt aber feststellen, dass die Virtualisierung einer Marke mehr bedeutet, als das bloße Übersetzen von analogen Veranstaltungen in die digitale Welt. Stattdessen braucht es komplett virtualisierte Markenerlebnisse, die es schaffen, die physische Distanz durch Unterhaltung und Emotion zu überbrücken.
Der digitale Wandel im Marketing und Sales hat hiermit ein neues Stadium erreicht. Die Virtualisierung von Brands ist ein weiterer Schritt hin zu einem komplett virtuellen Business.
Der Begriff “Virtualisierung” ist derzeit überall zu lesen und dennoch für viele schwer zu fassen. Häufig wird er zunächst mit Cloud-Technologien aus dem IT-Bereich verknüpft, also der Nachbildung von physischen IT-Ressourcen in Form von Hardware oder Software, oder aber allein auf Virtual Reality zurückgeführt. Doch das neue Verständnis von Virtualisierung ist ein ganz anderes.
Sie beschreibt einen Zustand, in dem es für Unternehmen nicht mehr nur darum geht, analoge Customer-Touchpoints wie Messestände und Showrooms von der realen in die virtuelle Welt zu übertragen. Vielmehr braucht es jetzt digitale Ökosysteme, in denen sich Kunden interaktiv mit einer Brand auseinandersetzen können. Virtualisierung bedeutet also, die gesamte Customer Journey in virtuellen Welten abzubilden und zu begleiten – nahtlos und ohne Umwege.
Alle Berührungspunkte zum Kunden sind in diesem virtuellen Ökosystem miteinander verzahnt. Dazu zählen nicht nur virtuelle Events, sondern alle digitalen Erlebnisse wie Apps, Mobile, Social, VR- und der gesamte Bereich E-Commerce sowie Marketing-Automatisierung in E-Mails. All diese Kanäle müssen in einem digitalen Zusammenspiel stimmig und strukturiert wirken können und den Kunden eine angenehme Customer Experience bieten.
Die Umstellung auf eine virtualisierte Customer Journey wird sich nicht nur auf Marketing und Sales, sondern auf gesamte Unternehmensstrukturen auswirken. Brands brauchen kreative Digital-Teams und starke Marketing-Partner, die sie mit Know-How und innovativen Ideen bei der Umsetzung ihrer Omnichannel-Lösung unterstützen.
Personelle und technologische Veränderungen müssen am Anfang aller Maßnahmen stehen. Nur 25 Prozent der Entscheider denken, dass ihr Marketing-Team aktuell über die nötigen Kompetenzen verfügt, um Technologie, Kreativität und Strategie miteinander verbinden und die Marken-Virtualisierung umsetzen zu können.
Um etwa die verschiedenen Kanäle fließend mit Content bespielen zu können, sollten Unternehmen neue Technologien integrieren, die den Ausbau der Strategie vorantreiben. Diese müssen eine schnelle und flexible Content-Produktion sowie einen reibungslosen Austausch der Inhalte in der virtuellen Welt gewährleisten.
Doch nicht nur die Produktion der Inhalte in Bild, Video, 3D, Voice, VR oder AR, sondern auch ihr Management ist eine Herausforderung, der sich Marketer in Zukunft stellen müssen. Schließlich wird es immer mehr Inhalte geben, die lokal, aber auch global gestreut werden.
Kollaborationsplattformen, die sowohl ein zentrales Datenmanagement und interne Briefingprozesse als auch Absprachen mit externen Dienstleistern ermöglichen, werden zum Muss für ein effizientes Management.
Für das Thema Content bedeutet die Virtualisierung ein zusätzliches Umdenken. Marketer nehmen jetzt eine kundenzentrierte Sicht ein, denken also eher verbraucherorientiert als medienzentriert.
An allen Touchpoints sollte der Kunde im Mittelpunkt stehen und die dort gebotenen Experiences seine Bedürfnisse einbeziehen, ohne ihn mit zu vielen Informationen zu überhäufen. Virtueller Content muss einen Mehrwert bieten und Konsumenten anregen, in Interaktion mit einer Marke zu treten.
Hierbei geht es vor allem darum, einen Gegenpol zur unpersönlichen künstlichen Intelligenz zu schaffen, und die Distanz, die ein virtueller Raum erzeugt, durch persönliche Kommunikation zu überbrücken. Das kann eine persönliche Führung durch die virtuelle Produkt-Animation sein, aber auch ein anschließender Besuch des digitalen E-Commerce-Ladens, den der Kunde betreten kann, ohne den virtuellen Raum zu verlassen.
Genauso wie Gespräche im virtuellen Raum zeigt auch Humanity-Content, also Inhalte, die Menschlichkeit zeigen und Emotionen hervorrufen, dass echte Menschen hinter der Marke stehen, die reale Probleme von echten Kunden lösen.
So schwer die Krise viele Unternehmen getroffen hat, so viele spannende Impulse für die Entwicklung des Marketings hat sie gesetzt. In jedem Fall zeigt die Virtualisierung, dass diese Entwicklung derzeit massiv beschleunigt und die Business-Communication-Landschaft schon in wenigen Jahren ganz anders aussehen kann – sowohl für die B2B- als auch für die B2C-Communication.
Die Virtualisierung von Marken birgt sowohl im B2B, wie im B2C-Bereich vielfältige Herausforderungen. Im Interview mit Sebastian Neubacher, Head of Operations, bei RECORDBAY, haben wir uns über Kernherausforderungen und Lösungsansätze unterhalten.
RB: Denken Sie, dass Unternehmen derzeit gut aufgestellt sind, um den nächsten Schritt in Richtung Virtualisierung zu wagen?
SN: Wir haben schon einige virtuelle Messestände, digitale Showrooms und auch andere Bereiche der digitalen Customer Journey für unsere Kunden umgesetzt. Dabei fällt immer wieder auf, dass viele noch gar nicht beim Thema Virtualisierung angekommen sind. Es fehlt häufig an erfahrenem Personal und vor allem an den Ressourcen, um eine voll virtualisierte Strategie fahren zu können.
RB: Welche Kernherausforderungen sehen Sie jetzt auf Unternehmen zukommen?
SN: Die größte Herausforderung besteht für einige Brands darin, einen “Start von Null auf 100” zu meistern. Es geht ja nicht nur darum, einen neuen Kanal zu bedienen, sondern eine komplett neue virtuelle Strategie zu entwickeln. Eine Investition in neue Technologien und externe Partner ist daher definitiv sinnvoll und auch notwendig. Unternehmen sollten einen langfristigen Plan zur virtuellen Transformation entwickeln und dafür ihre Teams gezielt um Analytiker, Strategen und Technologen erweitern, um mit einer klaren Marken-Perspektive von der Vision zur Umsetzung zu gelangen. Zudem müssen in einem derartigen Umfeld effizientere Wege gefunden werden, Content zu produzieren und zu verwalten. Denn wo mehr digitale Räume entstehen, müssen zwangsläufig auch mehr Inhalte geboten werden.
RB: Was würden Sie einem Unternehmen raten, das noch ganz am Anfang der Virtualisierung steht? Was sollte bei der Ausarbeitung der eigenen Strategie berücksichtigt werden?
SN: Ich rate dazu, sich erst einmal mit den Bedürfnissen der Kunden zu beschäftigen und diese zu verstehen, damit sie mit geeigneten Inhalten angesprochen werden können. Relevante digitale Erlebnisse schaffen zu können, erfordert einen effektiven und verantwortungsvollen Umgang mit Kundendaten. Marken und ihre Partner sollten also auch in Datenanalyse und Sicherheit investieren. Bei der Erstellung der Strategie ist zu berücksichtigen, dass alle digitalen Customer-Touchpoints des Unternehmens berücksichtigt werden und in der Strategie Platz finden – von der Website oder dem Onlineshop über Apps und Social Media bis hin zu digitalen Events.
RB: Sie haben davon gesprochen, dass Brands auch in neue Technologien investieren sollten. Auf welche Werkzeuge sollte ein Unternehmen setzen, damit der Virtualisierungs-Plan gelingt?
SN: Gerade wenn es darum geht, externe Partner mit ins Boot zu holen, sind Absprachen und Briefings essentiell wichtig. Kollaborationsplattformen können daher ein hilfreiches Tool sein. Wenn es um Content-Produktion bzw. Bearbeitung und Management geht, gibt es mittlerweile Plattformen, die Marketern in der Gestaltung ihrer Inhalte viel Freiraum bieten. In unserer Content Management-Plattform VARYCON haben wir alles miteinander verbunden, um zu verhindern, dass Unternehmen dauerhaft mit vielen einzelnen Insellösungen arbeiten müssen. Die Plattform fungiert als Single Point of Truth, also müssen Nutzer sie nicht verlassen, um alle möglichen Touchpoints mit Content zu bespielen. Die integrierte Master-Asset-Struktur macht eine Bearbeitung von Bildern, Videos, 3D-Inhalten und vielen weiteren Formaten möglich, sodass Marketer beispielsweise die Personalisierung eines Videos selbst vornehmen können. Gleichzeitig beinhaltet VARYCON ein flexibles und übersichtliches Ablagesystem und individuelle Briefing-Möglichkeiten für interne und externe Mitarbeiter.
Eine Investition in die Produktion virtueller Veranstaltungen, die Elemente von VR oder AR enthalten, erscheint ebenfalls lohnenswert. Unternehmen sollten ihre Kunden in sicheren, einzigartigen virtuellen Erlebnissen treffen und mit ihnen interagieren.
RB: Können virtuelle Experiences die “echte Erfahrung” überhaupt ersetzen?
SN: Natürlich ist es etwas ganz anderes, einen Geschäftspartner per Handschlag zu begrüßen und ihn persönlich über den anfassbaren Messestand zu führen. Eine virtuelle Experience muss aber nicht bedeuten, dass wir Kunden im virtuellen Raum sich selbst überlassen müssen. Durch die technischen Möglichkeiten kann die persönliche Beratungsleistung der Sales-Mitarbeiter bis auf den Handschlag komplett virtuell durchgeführt werden, ohne dabei die persönliche Note zu verlieren. Unser Ziel ist es, die virtuelle Experience sogar noch besser zu machen, als die realen Angebote. Die Erfahrungswerte unserer Kunden sind extrem wertvoll für die gemeinsame Entwicklung der Strategie. Der digitale Raum bietet einfach noch viel mehr Möglichkeiten, um Informationen spannend, einfach und bequem zu vermitteln. Die Erfahrung zeigt, dass sich in digitale Räumen und Netzwerken reale Kundenbeziehungen aufbauen lassen. Deshalb ist die Bezeichnung “Social Distancing” eigentlich falsch und “Physical Distancing” wäre ein treffender Begriff.
Wie sollen Marketer mit der fortschreitenden Virtualisierung verfahren? Marken werden in Zukunft nur dann wachsen können, wenn sie ihre Kunden in einer digitalen Umgebung treffen, ihnen einzigartige virtuelle Experiences bieten und sie in diese aktiv mit einbeziehen. Die neue Ausprägung der Digitalisierung bietet aber nicht nur Unternehmen Vorteile: Auch auf Kundenseite gehen die Präferenzen ganz klar Richtung virtuelle Customer Experience.
Eine aktuelle Forrester-Umfrage zeigt, dass derzeit 36 Prozent der Käufer digitale Experiences gegenüber analogen Möglichkeiten bevorzugen – Tendenz steigend. Deshalb müssen sich Unternehmen jetzt mit einer Strategie für die virtuelle Umstrukturierung und die neue Marketing-Normalität aufstellen.
Denn allein unter Betrachtung der Aspekte Sustainable Convenience und Nachhaltigkeit werden digitale Angebote weiter an Fahrt gewinnen. Virtuelle Ökosysteme, in denen Messen und andere Experiences geboten werden, werden künftig dafür sorgen, dass lange Geschäftsreisen und geschäftliche Kurzstreckenflüge nicht mehr unbedingt notwendig sind.
Die virtuellen Räume bieten darüber hinaus aber viel mehr Möglichkeiten, um Produkte erlebbar zu gestalten. Komplexe Maschinen werden per Klick in Einzelteile zerlegt und wieder zusammengesetzt, Experten aus aller Welt können problemlos zu jeder Tageszeit zugeschaltet werden und Produkte werden per AR in die eigenen vier Wände teleportiert. Entscheidungen zu treffen, kann dadurch enorm erleichtert werden, da alle Informationen verständlich und erlebbar aufbereitet werden können.
Auf dieser Grundlage eine passende und markengerechte Strategie zu entwickeln die im besten Fall schnell umsetzbar ist, ist eine Herausforderung, der sich Unternehmen jetzt stellen müssen – teilweise mit Unterstützung durch externe Partner und Fortbildungen. Doch wo ansetzen, wenn die eigene Digitalisierung noch ganz am Anfang steht? Welche Technologien braucht es für ein Gelingen der Maßnahmen?
Unser Whitepaper gibt konkrete Insights und Anregungen zum Thema Virtualisierung im B2B- und B2C-Bereich.
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